Es ist ein sehr plastischer Bildfindungsprozess,der Sergej Sperlings Arbeiten von Beginn an sowohl formal als auch inhaltlich dominiert. Oftmals liegt der Ansatz in einer von der Hand gebildeten Tonplastik und resultiert in kraftvollen Bildfiguren wie den „Fleischbildern“, rohe unförmige Fleischklumpen, in denen Sergej Sperling in rosa- bis bräunlichrot nuancierten Farben mit pastos angelegtem Farbauftrag regelrecht schwelgt. Auch eine Serie kleinformatiger Arbeiten, in denen Sperling bekannte Actionhelden wie Stallone, Lundgren und Co. vor einem monochromen Hintergrund in einem aus Farbe regelrecht modellierten Rahmen presst, zeigen seinen Umgang mit Motiven und malerischen Mitteln.
Wenn gleich in jenen Arbeiten eine klare Trennung von Figur und Grund vorherrscht, als sich das Motiv auf der Leinwand klar exponiert und positioniert, lässt sich in den neuen Arbeiten mehr von einem Durchdringen beider Bildaspekte sprechen. Vieles passiert scheinbar gleichzeitig und alles scheint ebenso gleichwertig – sei es der Dialog zwischen gestischen und gegenständlichen Momente oder zwischen einem schnell hingeworfenen Farbstrich und dem detailliert ausgearbeiteten Gesicht.
So offenbaren die auf den ersten Blick sehr offenen und nahbaren Bilder auch nicht gleich zu Beginn, dass ihnen ein vielschichtiger, vielfach verschlüsselter Bildraum zugrunde liegt, der sich bei näherer Betrachtung mehr und mehr verzweigt anstatt sich zu entwirren. Die heterogenen Bildwelten, deren Motive teils in bedeutungsaffinen teils bedeutungsfernen Beziehungen zueinander stehen, werden zudem durch gestische Bildelemente gleichsam bewusst durchbrochen wie auch verbunden. In ihrer Ambivalenz von Anwesenheit und Abwesenheit, Nähe und Distanz, Sein und Schein, Faktizität und Fiktion geben die Bilder Rätsel auf, denen der Betrachter auf den Grund gehen möchte.
Es wird bewusst offen gelassen, ob die Welt hier seziert oder neu zusammengesetzt wird. So dienen die versatzstückhaft wirkende, collagenartige Bildwelten sowohl als Projektions- wie auch als Rezeptionsfolie von Wirklichkeit, die auf der Leinwand gleichermaßen konstruiert wie auch dekonstruiert wird. Gleichzeitig sind sie Ansatz und Ergebnis, sich an der Gegenständlichkeit ab bzw. ihr sukzessive auch entgegen zu arbeiten. Dazu tragen auch die unterschiedlichen Quellen bei, aus denen Sergej Sperling Motive wie auch Ideen für seine Arbeiten zieht: gefundene Bilder aus Zeitschriften oder aus dem Internet, subjektive Empfindungen, eigenes Fotomaterial.
War das Bild bis vor kurzem noch ein Gegner, den es mit malerischen Mitteln regelrecht zu bekämpfen, zu bezwingen galt, scheint es mittlerweile ein Gegenüber, mit dem es mit denselben Mitteln vielmehr in ein Dialog zu treten gilt.
Sergej Sperlings Ansatz ist durch und durch malerischer. So sind der Umgang bzw. die Auseinandersetzung mit der Materialität der Farbe sowie der eigentliche Malprozess gleichwertig zur Darstellung an sich anzusehen. Die Bilder sind Ausdruck Sperlings – Versuch und Resultat, sich die Form zu erarbeiten und anzueignen, sie einerseits zu greifen, anderseits jedoch gleichzeitig auch Schicht um Schicht in Malerei aufzulösen. Sergejs Sperlings Malerei ist eine Malerei, die in erster Linie aus sich selbst heraus lebt und in der es darüber hinaus auch um das faktische Bewegen von Farbe als Substanz geht.